Um das drohende Ausgangsverbot etwas abzumildern, zieht ganz Elonwabeni – sämtliche Kinder und Mitarbieter mit allen nötigen Utensilien – auf die Farm der Landes um. Rolf Landes berichtet. Ein Bericht von Rolf Landes.
Seit Ende März 2020 befindet sich auch Südafrika im Lockdown.
Als Vorstand von Elonwabeni sind wir für ca. 30 Kinder und 10 MitarbeiterInnen verantwortlich. Es war uns relativ schnell klar, dass die Realität eines strengen Ausgangsverbots dramatische Konsequenzen für uns als Organisation haben würde. Wie sollten wir in der Lage sein, unsere Kinder und Angestellten für einen unbefristeten Zeitraum in dieser stark eingeschränkten Realität zu versorgen und deren Wohlbefinden zu gewährleisten. Ein fast unmögliches Unterfangen. Unsere meist hyperaktiven Kinder zusammen mit deren Hausmüttern auf engstem Raum quasi eingesperrt, das würde ja nicht einmal für eine Woche funktionieren. Daher war es aus unserer Sicht keine schwere Entscheidung, das komplette Heim (Kinder, Hausmütter und notwendige Utensilien, etc.) auf unsere Farm Paddafontein umzusiedeln.
Die guten Erfahrungen mit den Camps, wo die Kinder ja schon seit Jahren regelmäßig einen Teil der Schulferien auf der Farm verbringen, gab uns ein gutes Gefühl, dass es hier möglich sein würde, weiterhin ein relativ normales und gesundheitlich sicheres Leben für alle realisieren zu können. Natürlich war einiges vorzubereiten, und manche Renovierungsarbeiten laufen weiterhin so nebenher, aber im Großen und Ganzen waren wir ganz gut für diesen Umzug vorbereitet. Und glücklicherweise haben wir ein tolles Team von südafrikanischen Freiwilligen, das dafür sorgt, dass die Kinder jeden Tag beschäftigt sind. Im Mittelpunkt steht dabei die Schule. Wir haben 4 Gruppen mit bis zu 6 Kindern, eingeteilt nach Alter und schulischem Wissenstand.
Ende letzten Jahres wurde in einer südafrikanischen Studie veröffentlicht, dass knapp 80% aller Schüler in der 4. Klasse in Südafrika nicht angemessen lesen und schreiben können. Diese Realität am eigenen Leib mit unseren Kindern von Elonwabeni erleben zu müssen, darauf war ich nicht gefasst. So frustrierend es als Lehrender ist, mit diesen Einschränkungen konfrontiert zu sein, macht es mich vor allem traurig mit ansehen zu müssen, wie 12jährige Kinder Schwierigkeiten haben, einfachste Wörter richtig zu schreiben. Von Mathematik will ich gar nicht reden. Und es ist nicht so, dass unsere Kinder alle Lernschwächen haben. Diese Erfahrung hat für mich persönlich dazu geführt, grundsätzlich in Frage zu stellen, wie sinnvoll es in dieser Krise sein kann, unsere Kinder wieder in das normale Schulsystem zurückzuführen. Was haben sie zu verlieren? Wir haben jetzt einen pensionierten Lehrer angestellt, der zusammen mit den Freiwilligen allen Kindern bis zum Highschool Alter das Lesen, Schreiben und das kleine 1×1 beibringen soll. Wenn uns das gelingt, haben wir viel erreicht.
Es ist eine Freude zu sehen wie sich alle Kinder und MitarbeiterInnen eingelebt und dieser Situation gestellt haben. Sicher gibt es die vielen täglichen Kleinigkeiten die jeden von uns frustrieren, aber das ist ja eigentlich nichts Neues, es sind nur andere Dinge hier auf der Farm.